Bericht aus der Berlinzer Zeitung

Berlin –
Der Ernst-Thälmann-Park im Prenzlauer Berg war in der DDR ein immer wieder gern präsentiertes Beispiel für den sozialistischen Wohnungsbau. Deshalb steht der Wohnkomplex, in dem heute etwa 4000 Menschen leben, unter Denkmalschutz.

Die neuesten Pläne für dieses Areal sollen nun ein weiteres Beispiel für den sozialen Wohnungsbau sein, diesmal in einer westeuropäischen Metropole im 21. Jahrhundert: bezahlbare Wohnungen, von Grünanlagen umgeben, mit Kindergärten und Schulen. „Sowas nennt man moderne Stadt“, sagt der Pankower Stadtrat für Stadtentwicklung, Jens-Holger Kirchner (Grüne).

Laut einer Machbarkeitsstudie, die der Berliner Zeitung vorliegt, sollen am nördlichen Rand des Thälmann-Parks in den kommenden Jahren etwa 600 Wohnungen gebaut werden, aus privaten und staatlichen Mitteln. Etwa 400 Wohnungen wollen private Investoren um den Berliner Immobilienhändler Christian Gérôme und die Sanus AG auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs Greifswalder Straße errichten, direkt am S-Bahn-Ring. Weitere 200 Wohnungen baut das städtische Wohnungsunternehmen Gewobag auf einem angrenzenden landeseigenen Gelände.

  • Der 26 Hektar große Ernst-Thälmann-Park entstand Anfang der 80er-Jahre. 1 336 moderne Wohnungen wurden gebaut, auch Kita, Schule, Läden, Bar.
  • Symbol des Parks ist eine 50-Tonnen -Bronzeplastik von Ernst Thälmann. Das Denkmal wurde 1986 eingeweiht. 100 000 Berliner nahmen teil.
  • Denkmalgeschützt ist das Areal seit 2014 „wegen der einzigartigen Aussagekraft über die Wohnbedingungen in einer sozialistischen Mustersiedlung“.

Während die Wohnungen der Gewobag komplett zu sozialverträglichen Mieten von 6,50 Euro nettokalt angeboten werden, soll in einem städtebaulichen Vertrag auch gesichert werden, dass mindestens 100 der 400 Wohnungen auf dem Gelände alter Güterbahnhof zu diesen Preisen vermietet werden, gern auch mehr. Weit sichtbarer Höhepunkt der Neubaupläne soll ein etwa 100 Meter hohes Hotel an der Greifswalder Straße sein. Für Wohnungen sei so ein Hochhaus wegen der hohen Lärmbelastung an der Greifswalder Straße nicht gut geeignet, heißt es im Bezirk.

Kinder- und Jugendcampus

Monatelang haben sich Vertreter des Senats, des Denkmalschutzes und des Bezirksamtes mit Architekten und den privaten Investoren über die Baupläne verständigt. Es ging vor allem darum, den Wunsch der Bewohner zu berücksichtigen, dass die neuen Bauten nicht die weitläufige Grünanlage im Park zerstören, von einem grünen Korridor ist die Rede. Es gab auch die Idee, mehrere Hochhäuser zu errichten, schließlich ist der Thälmann-Park ein von Hochhäusern geprägtes Wohngebiet, und solch ein Hochhaus sei ein „selbstbewusstes Signal“, so die Begründung. Doch Denkmalschützer gewähren nur ein Gebäude mit 109 Meter Höhe (so hoch ist das höchste Haus im Thälmann-Park), sonst entstünde eine „zu große Konkurrenz“ zum denkmalgeschützten Wohnensemble.

Zum aktuellen Plan gehört auch ein Kinder- und Jugendcampus mit Kita, Grundschule, Sporthallen und Gymnastikwiese. An der Greifswalder Straße entsteht ein Stadtplatz, die zehn aneinandergrenzenden Wohnhäuser an der Bahnstrecke („Wohnschlange“) müssen wegen eines Stellwerkerhauses der Bahn, das nicht entfernt werden darf, in einem Bogen gebaut werden. Mit dem Bau wird frühestens im Jahr 2018 begonnen.

Streit um Parkplätze

Viele Anwohner lehnen die aktuellen Baupläne ab. Nicht zuletzt auch deshalb, weil etwa 300 Parkplätze wegfallen. Die meist älteren Leute beklagen, sie seien auf ihre Autos angewiesen. Eine Anwohner-Initiative fordert, die freien Flächen komplett als Grünzug zu erhalten.

Das wird wohl nicht passieren. Stadtrat Kirchner sagt: „Es wird Veränderungen geben im Kiez. Doch der Thälmann-Park bleibt in seiner Grundstruktur erhalten. Und er wird weniger dicht bebaut sein, als es in Prenzlauer Berg sonst üblich ist.“ Unter den geplante Neubauten soll es Tiefgaragen mit etwa 300 Stellplätzen geben. Anwohner haben jedoch ausgerechnet, dass viel mehr Plätze gebraucht würden. „Wir werden noch lange und intensiv miteinander reden“, sagt Kirchner, der die Pläne möglichst schnell realisieren will. Den Anwohnern hingegen kann es gar nicht langsam genug vorangehen.

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